Nachdem wir uns heute mal so richtig ausgeruht hatten – Stephan machte gleich einen 4-Stunden-Mittagsschlaf, so müde war er – machten wir uns gegen 17 Uhr auf den Weg in die Altstadt der kleinen Stadt Dali, die wir heute früh per Zug von Lijiang aus erreicht hatten. Vor dem Ausruhen hatte es allerdings mal wieder eine Portion Abenteuer gegeben: Vom Bahnhof aus waren wir per Bus erst mal zum Old Town gefahren, diesen hatten wir dann komplett durchquert, um beim gegenüberliegenden East Gate nach unserem Hostel zu suchen – stundenlanges Gehen, leider ohne Erfolg. Irgendwann gaben wir genervt auf und baten in einem anderen Hotel, ins Internet gehen zu dürfen – so konnten wir in unserem Hostel anrufen und um Hilfe bitten. Und tatsächlich,, diese Hilfe kam prompt: Der Besitzer des Hostels sowie ein Gast, der Englisch spricht, holten uns per Motorroller – inklusive all unserem Gepäck – ab und brachten uns ins Hostel. Was für ein Service! Man freute sich wahnsinnig, uns zu sehen, und erklärte uns auch gleich, warum: Wir sind wohl die ersten internationalen Gäste in dieser Unterkunft – sozusagen Premiere!
Hier ist es auch recht nett und gemütlich, das Zimmer ist groß und hat ein großes Fenster Richtung Gemüsegarten und Gebirge, es gibt sogar einen Billardtisch im offenen Patio, nur leider, leider ist die Toilette wieder sehr chinesisch, aber Stephan wird das für eine Nacht schon schaffen;-)
Dali ist ebenfalls eine Stadt im Yunnan, die von einer ganz besonderen Minderheiten-Kultur geprägt wird – hier allerdings dominieren nicht die Naxi, sondern das Volk der Hai. Auch in anderer Hinsicht erinnerte uns der „Old Town“ heute an Lijiang – hübsche Häuser mit Holzornamenten, kleine verwinkelte Gassen und Kanäle.
Aber das schöne hier: Klar ist es touristisch, aber erstens sind hier viel mehr normale Einheimische unterwegs, die ihren Erledigungen nachgehen, und zum anderen sind wahnsinnig viele – weiße – Rastafaris unterwegs. Dali scheint also die „Aussteigerstadt“ Chinas zu sein – und da wir uns gleich auf Anhieb richtig wohl gefühlt haben, können wir schon irgendwie nachvollziehen, dass jemand für immer hier bleiben möchte. Hierdurch ist die Stadt auch recht vielfältig und international geprägt – ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie happy ich heute war, eine deutsche Bäckerei mit Semmeln und Käse (!!!!!!) zu finden!
Es hätte hier aber auch belgische Waffeln, Fish´n´Chips oder auch Cappuchino gegeben. Mjamm;-)
Auch Stephan stolperte im Laufe unserer Stadttour über eine lang vermisste Köstlichkeit – Bratwurst. Zwar nicht ganz so, wie man es von zu Hause gewöhnt ist – nämlich am Spieß statt in der Semmel und mit leicht süßlichem Geschmack im Abgang – aber er fand es lecker! Überhaupt haben wir heute gar nicht beim Essen gesessen, sondern haben alles bei Straßenhändlern gekauft und sozusagen „by the way“ gefuttert – und was für kulinarische Köstlichkeiten: Süßscharfer kalter Nudelsalat, eine Teigtasche gefüllt mit Tofu und Dill, frisch gepresster Granatapfelsaft, frisch frittierte Kartoffelscheiben – fein;-)
Und falls ihr euch jetzt wundert, warum wir heute so reinhauen – nachdem es gestern außer Pfannkuchen am Morgen und gaaaaanz viel Bewegung rein gar nichts gegeben hat, mussten wir heute natürlich aufholen. Außerdem konnten wir ohne schlechtes Gewissen schlemmen, denn ein Blick auf die Waage eines ortsansässigen Apothekers ergab: Julia hat endlich ihr „Traumgewicht“ vom Frühjahr wieder erreicht ( einerseits Freude: YES!, andererseits bedenklich: Da hatte ich mir in Deutschland schon wieder ganz schön viel Speck angefuttert…) und Stephan hat fast 15 Kilo abgenommen und nähert sich der magischen UHU-Grenze! Er behauptet zwar, dass ihm das gleichgültig sei, aber ich habe den hocherfreuten Blick auf der Waage über die glückliche „Fügung“ ( =Julias knallharter Sparplan plus jeden Tag kilometerweites Gehen) – ganz ohne irgendeine Diät oder auf Essen zu achten – durchaus wahrgenommen;-)
Bin ein bisschen beleidigt, dass es bei ihm 15 Kilo und bei mir nur knapp 5 Kilo sind, aber nun gut…
In Dali trafen wir übrigens nicht nur verrückte Künstler und langhaarige Kiffer, sondern auch zahlreiche wahnsinnig süße Babyhunde – von denen wir die Finger natürlich nicht lassen konnten. Es scheint hier viel mehr als andernorts in China üblich zu sein, Haustiere zu halten und scheinbar auch gut zu behandeln. Was jedoch nicht für die Nutztiere gilt – so haben wir heute auf dem Markt live erlebt, wie ein Huhn zum Ausbluten in eine Tonne geworfen wurde, so dass der Kunde beim Sterben zusehen konnte ( Ich habe es mir nicht angeschaut, ich bin lieber weitergegangen und feile an meinen Vegetarierplänen). Leider trafen wir heute jedoch auch wirklich unfreundliche Chinesen – nämlich die Verkäufer in den zahllosen kleinen Lädchen, in denen Kleidung, Schmuck und lokales Kunsthandwerk angeboten wird. Kaum, dass jemand sich einmal zu einem Lächeln durchringen konnte – aber selbst, als wir etwas anprobieren oder kaufen wollten, waren diese Leute kaum dazu zu bewegen, ihre bequemen Stühle zu verlassen, um uns etwas zu reichen oder auch nur Geld entgegenzunehmen. So ist uns das auf all unseren Reisen noch nie passiert! Aber sei´s drum – wir kauften, was wir kaufen wollten (Julia hat ein Kleidchen und ein Blüschen sowie traditionellen Kopfschmuck ( naja, eher was für Fasching) bekommen, Stephan hat sich mit Früchten und Getränken eingedeckt),
und begegneten den Herrschaften mit absolut übertriebener Höflichkeit – vielleicht haben sie es ja bemerkt, wahrscheinlich haben sie es in ihrer Lethargie aber gar nicht wahrgenommen…
Fazit: Dali ist wirklich einen Besuch wert und überzeugt sowohl tagsüber als auch in der Nacht mit einer gemütlichen und entspannten Atmosphäre und besticht durch die zahlreichen – mehr oder weniger internationalen – Leckereien.
Morgen wollen wir uns ein Zweisitzerfahrrad mieten ( kein Tandem, sondern diesmal Sitze nebeneinander – das Teil hat auch zwei Lenkräder, mal schauen, wer sich da bei uns beiden durchsetzen wird;-)) und damit zum nahegelegenen Er Hai-See und zu den drei berühmten Pagoden zu radeln. Drückt uns die Daumen, dass das Wetter so schön ist wie heute!
Fotos folgen morgen bei besserer Internetverbindung;-(