Archiv der Kategorie: Indien

Colcata oder: Wie uns die indische Bürokratie fast in den Wahnsinn trieb

Nach einem herzhaften „typisch“ indischen Frühstück (Weizentoast mit Omelette) starteten wir heute früh zum nahegelegenen Flughafen, um nach Kalkutta – heute bekannt als Colcata- zu fliegen, von wo aus es dann nach sieben Stunden weiter nach Bangkok gehen sollte. Am Flughafen angekommen, erhielten wir die erste etwas unangenehme Nachricht: Unser Gepäck würde nicht durchgecheckt werden, sondern wir würden es am Flughafen in Kalkutta selbst in Empfang nehmen und uns dann darum kümmern müssen. Julia war leider wieder sehr optimistisch (komisch, zu Hause ist das ja eher umgekehrt, da kann man sie ja jetzt nicht wirklich als „Optimistin“ beschreiben) und meinte, wir würden das Gepäck sicher in Schließfächern oder etwas ähnlichem lagern können.
In Kalkutta angekommen (und leicht unter Zeitdruck, schließlich wollten wir ja was von der Stadt sehen) bemühten wir uns also, unser Gepäck unterzustellen. Erste Anlaufstelle: Airport Assistance – Lange Diskussionen, Quintessenz: Gepäck kann man hier nur lagern, wenn es abgeschlossen ist (schon mal versucht, einen Rucksack abzuschließen,ja?!). Es halfen wieder mal keine Argumente, was die indische Bürokratie befiehlt, das muss auch umgesetzt werden. Nach Beschwerde bei der Fluglinie brachte man uns zum Airport Manager – der hatte nur ein süffisantes Grinsen für uns übrig und blieb dabei: Keine Lagermöglichkeit ohne Schloss an den Gepäckstücken. Julia versuchte dann noch, die Inder mit fadenscheinigen rhetorischen Mitteln aus der Reserve zu locken („I thought this completely new airport had won so many awards for being so user friendly and modern?“), aber es half alles nichts. Also schleppten wir unsere (mittlerweile jeweils 15kg schweren) Backpacks mit nach draußen, wo wir, weil mittlerweile schon fast eine Stunde seit Landung vergangen war, ein Taxi rufen mussten, statt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Dies war insbesondere auch deshalb nötig, weil man uns (Bürokratie olé) dringend empfohlen hatte, bereits um 17:30 (also gut drei Stunden vor Abflug der Maschine) wieder am Airport zu sein, da man uns sonst nicht mehr einchecken lassen würde.
Der Taxifahrer erklärte sich Gott sei Dank bereit, uns zum berühmten Victoria Memorial – der berühmtesten Sehenswürdigkeit Kalkuttas – zu bringen und dann auch wieder abzuholen und derweil auf unser Gepäck aufzupassen – eine richtige Stadttour, wie sie uns eigentlich vorgeschwebt war, war in den verbliebenen drei Stunden gar nicht mehr möglich. Schade, hier hatte uns die indische Bürokratie fast die Hälfte der Aufenthaltszeit in der indischen Stadt, in der man wiederum Wochen verbringen und wahnsinnig viel erleben und sehen könnte, gestohlen.

Aber: Das Victoria Memorial – eine Mischung aus Taj Mahal und Weißem Haus – ist wirklich den „Abstecher“ in die Stadt wert gewesen, insbesondere für Ben, der ja noch keine indischen Palastbauten gesehen hat. Es ist – wie der Name ja schon sagt – der englischen Königin und Herrscherin über das British Empire gewimdet und zeigt deren Regentschaftszeit (die übrigens ultralange dauerte) in 12 unter der Kuppel befindlichen Ölgemälden. Aber auch von außen ist das Memorial absolut sehenswert und – insbesondere von der Parkanlage aus – sehr fotogen:

Auf der Rückfahrt zeigte der Fahrer uns nach das Haus von Mutter Theresa – Julia ist wirklich traurig, dass wir dafür jetzt keine Zeit hatten, sie wäre gerne eine längere Zeit in Colcata geblieben, um hier zu „volunteeren“ und Waisenkinder zu betreuen und zu bespielen. Vielleicht kommen wir ja noch einmal an einem anderen Ort dazu, uns auch sozial einzubringen…
Jetzt sitzen wir – natürlich viel zu früh – am Flughafen und wundern uns wiederum über die indische Bürokratie, die uns nicht in den Flughafen lässt, ohne dass wir unsere Tickets vorzeigen (und dabei haben wir doch keinen Drucker!) und die uns bis zum Gate etwa 27 Mal kontrolliert, ob wir auch wirklich die auf unserem Pass sind und ob wir auch wirklich ein Ticket haben. So schließt sich also der Kreis, und unser Abflug aus Indien gestaltet sich fast genauso kompliziert wie unsere Einreise. Wollen wir hoffen, dass es in Thailand etwas weniger bürokratisch zugeht…

 

Panaji – Portugiesische „Paläste“ in Goa

Da wir heute leider unseren Standort in Goa aufgeben mussten ( alle drei deprimiert – hier war es soooo schön… Einziger Lichtblick: Thailand wartet!), sahen wir uns einer langen Reise zum Startpunkt unserer nächtlichen Bustour gegenüber. Das heißt, es ging nahc einem kurzen letzten Sprung in das herrliche Meer per Einheimischen-Bus erst nach Margao und von da aus per Express-Einheimischen-Bus in die Provinzhauptstadt Panaji. Knapp drei Stunden nach Reiseantritt kamen wir auch schon an;-), und nach dem wir unser Gepäck in einem Supermarkt am Busbahnhof abgegeben hatten, konnte die Entdeckungstour in die Stadt auch schon losgehen.

Zuerst besichtigten wir die wirklich schöne und bereits 500 Jahre alte katholische Kirche, die auch als Hauptsehenswürdigkeit Panajis gilt. Diese hatte für die portugiesischen Seefahrer besondere Bedeutung, weil diese direkt nach Ankunft hierher eilten, um der Mutter Gottes für die sichere Überfahrt zu danken. Ich freute mich auch riesig, endlich mal wieder eine hübsche Kirche zu sehen, und schickte mich gerade an, mein Kreuzzeichen zu schlagen, als man mich des Kirchenschiffs verwies: ich hatte meine Schultern nicht ausreichend bedeckt! Nach all den Tempeln, die wir in letzter Zeit besucht haben, und der wirklich zur Gewohnheit gewordenen Geste des Tuch-um-die-Schultern-Legens hierfür hatte ich doch glatt vergessen, dass auch die Christen manchmal päpstlicher als der Papst sind. Aber was soll´s, trotzdem konnten wir wenigstens ein bisschen christliche Luft schnuppern und außerdem gaaaanz tolle Fotos machen ( was eigentlich sogar von außen verboten gewesen wäre, aber wir waren einfach schneller;-)
Danach machten wir uns zu Fuß auf in das „Latin Quarter“, also die ehemaligen portugiesischen Siedlungen – und hatten fast das Gefühl, in der Karibik gelandet zu sein: Zwar etwas heruntergekommen, aber dennoch hübsch anzusehen reihen sich hier bunte Häuschen mit ansehnlichen Fassaden und pittoresken Geländerelementen in engen Gässchen aneinander.

Leider waren die Straßen – insbesondere für indische Verhältnisse – sehr leer,und es gab auch weder Cafés noch Geschäfte, so dass keine richtige Stimmung aufkommen wollte und die Atmosphäre – nun ja- sagen wir unspannend blieb. Nachdem wir jedoch auf einem Hügel einen Tempel, der dem Affengott Hanuman geweiht ist,

IMG_20141107_162412 IMG_20141107_162620entdeckten und nach dem Aufstieg dorthin den wirklich tropischen Ausblick genossen hatten,

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waren wir wieder einigermaßen versöhnt und stiegen hinab, um in einem hergerichteten portugiesischen Herrenhaus original Goa-Küche – ein letztes Mal, aber dafür umso besser, mit Shrimps in fruchtigem Curry und Schwein „Vindaloo“ ( ja richtig gehört, Schwein, das hatten wir ja schon Monate nimmer!!!!) – zu genießen und auf den Bus zu warten.

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Bald schon war es dunkel, und wir mussten uns verabschieden – vom wunderschönen Goa und dem „außerindischen“ Gefühl;-)

Go GO Gadgeto Goa

Wie versprochen noch eine kurze Abhandlung zu unserer „aufregenden“ Busfahrt von Mumbai nach Goa:

– Ticketpreis etwa 14 Euro pro Person

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Gebuchte Leistung: Doppelbett (!) bzw. Einzelbett im Bus – Man kann hier tatsächlich richtig im Bus schlafen, so was wäre aufgrund der Verkehrssicherheitsbestimungen in Europa gar nicht möglich

Nichtmitgebuchte und trotzdem erhaltene Leistungen:

–>Arschkalte Klimaanlage ( Stephan konnte sich irgendwann nur noch mit Pflestern zjm Abkleben der Lüftungen behelfen)

–> Freundliche und anhängliche Moskitos

–> Lautstark schnarchende Mitfahrer ( dagegen ist Stephan ein Waisenkindchen, dieser Inder konnte in mindestens 8 Oktaven schnarchen)

–> Gott sei Dank zahlreiche Pinkel-Pausen ( Wir hatten uns schon mit Flaschen und Tüten eingedeckt, da man uns vorher gesagt hatte, der Bus würde 12 Stunden lang durchfahren;-) aber die brauchten wir glücklicherweise nicht!

 

Wieder mal eine echte Erfahrung – die Rückfahrt erwarten wir gespannt;-)

 

 

 

 

Das wahre Mumbai

Gestatten I’m The Visitor. Etwas fahrlässig erwähnte ich gegenüber meinen freundlichen Backpacker-Gastgebern, dass ich gerne Gastbeiträge schreiben würde und meldete mich sogleich für unseren zweiten Mumbai-Tag. Leider hatten wir die folgenden Tage soviel Stress am Entspannen, dass dieser Beitrag nun mit etwas Verspätung eintrifft. Nachdem die beiden mir nun aber mit standrechtlicher Erschießung mit anschließender Einäscherung im Ghat gedroht haben (minimal übertrieben dargestellt) habe ich mich nun endlich dazu aufraffen können.

Zunächst musste unser Sleeperticket im Bus nach Goa besorgt werden, was mir wieder ein Lächeln ins Gesicht zauberte, da dies eine kleine Reise mit diesen witzigen TuckTucks bedeutete. Hierbei hat man aber die zweifelhafte Wahl, einen Festpreis zu vereinbaren und damit das Doppelte des Taxometer-Preises zu zahlen oder auf das Taxometer zu verweisen, was in aller Regel mit einem leicht abschätzigen indischem „Hmmmm“ letztlich akzeptiert wird. Daher entschieden wir uns für Letzteres, was uns zwei lustige Runden um den Flughafen und den dreifachen Preis für die Strecke bescherte. Aber ein berherztes „What’s wroooonnngg with Uuuu?!“ von der Prinzessin mit anschließendem gemeinsamen Tief-in-die-Augen-Schauen inkl. diverser Vorwürfe führte dann doch zu einem moderaten Preis.

Unser Ziel für diesen Tag sollte das Marktviertel sein, also beschlossen wir die Metro zu nehmen. Wie sich herausstellte, ist zwar ein beachtliches Metronetz geplant, in Realitas besteht aber nur eine einzelne Strecke, welche allerdings direkt zum Bahnhof führt. Daher durften wir dann auch noch lustig Zugfahren, yippieh.

Auf Türen verzichtet man hier einfach und hat damit bei tropischen Temperaturen eine 1A-Klimaanlage. Doofe Touris können sich dann auch lustig aus dem Waggon lehnen und saucoole Selfies machen im Vertrauen darauf, dass das indische Bahnsystem genügend Pfostenabstände vorsieht. Natürlich fahren auch doofe Touris nur 1. Klasse, welche sich von der 2. Klasse nur insofern unterscheidet, dass weniger Überfüllung besteht. Desweiteren darf man sich in der langen Schlange beim Bahnschalter einfach ungestraft vordrängeln und so manifestiert sich der Übergang von der Kasten- zur Klassengesellschaft.

Da uns nicht ganz klar war, wie wir am sinnvollsten vom Zielbahnhof zu unserer ersten Station, einem Tempel mitten im Marktviertel gelangen sollten, fragten wir einen mitreisenden Passagier. Dieser meinte sogleich freundlich wir könnten doch ein gemeinsames Taxi nehmen. Wie sich zeigte, ist es für einen echten Inder offensichtlich deutlich schwieriger ein Taxi zu finden, als für einen Cool-ein-Westler-dem-nehm-ich-das-Dreifache-ab-Touri. Letztlich saßen wir dann im Taxi und fuhren durch die Falkland-Road, besser bekannt als „Fuckland-Road“ (ich denke der geneigte Leser kann seine Schlüsse ziehen), natürlich mit dem Hinweis, dass wir diese Gegend besser von unserer geplanten Route streichen sollten. Angekommen bestand unser Spontan-Führer darauf, das Taxi alleine zu bezahlen und uns zum Tempel zu führen. Der misstrauischen Prinzessin und dem Indien-Rookie TheVisitor spielten in ihren Gedanken schon die diversesten Abzocktricks durch und folgten missmutig den beiden voraus eilenden Herren. Angekommen beim Tempel löste sich die Situation mit einem freundlichen Händedruck und einem Goodbye auf und Stephan sollte mit seinem Vertrauen Recht behalten (diesmal!!!). Der kleine Komplex an sich war minder beeindruckend, aber natürlich musste die große weiße Frau und der hier ebenfalls riesige und noch weißere TheVisitor (ahh, so schön groß hier in Indien, da freut er sich wie ein Schnitzel!) wieder mal für ein freundiches Gruppenfoto mit ein paar Indern herhalten.

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„Juheee“ schrie TheVisitor auf, als ihm die erste echte indische Kuh begegnete, verbunden mit der Verwunderung, dass dieses Tier in der engen Gasse ohne Beirrungen gemächlich auf ihn zu trabte. Und obwohl ich das schon wusste, ist es schon beeindruckend zu sehen, dass hier die Menschen den Kühen aus dem Weg gehen und nicht umgekehrt. Mit leichter Desorientierung schlenderten wir durch den Markt, so dass wir nun das beeindruckende, quirlige, bunte „wahre Mumbai“ endlich besichtigen konnten.

Auf dem Programm stand noch das Füttern heiliger Kühe. Plötzlich stolperten wir in einen kleinen Stall, zückten reflexhaft unsere Smartphones und schossen ein paar Fotos. Etwas verdutzt starrten uns die beiden anwesenden Bauern (oder sind es Kuhaufpasser?) an und uns wurde klar, dass es sich hier wohl nur um „normale“ heilige Kühe handelte.

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Aber nun zählen wir zur kleinen aber feinen Gruppe der Besucher, die in zwei Mumbai-Kuhställen waren – toll! Denn kurze Zeit später erreichten wir die Riesen-Ställe mit angeblich 1.000 Kühen und fütterten die lieben Tierchen, dabei versuchend nicht selbst gefressen zu werden.

Ein geniales Geschäftskonzept, man lässt die Besucher das Futter und die Aufpasser zahlen und hat damit quasi eine heilige Kostenlos-Kuh (die gibt ja heilige Milch, das gibt dann heiligen Käse und damit heiligen Paneer, den dann die unheiligen Backpacker nebst TheVisitor mit Herzenlust verspeisen und wieder neue heilige Kühe füttern können – und so schließt sich der Kreis).

Gegen Ende lotsten wir uns dann zur Fuckland-Road Richtung Bahnhof. Die Prinzessin (und nur sie! ;-)) war angesichts der ausbleibenden leichten Damen ein wenig enttäuscht und so wanderten wir weiter (ok, hatten wir ohnehin vor – niemand wollte die lokale Dienstleistung in Anspruch nehmen) RIchtung Bahnhof.

Nach dem Auschecken aus dem Hotel nahmen wir noch ein stärkendes Festmahl für 9 EUR (3 Personen inkl. Getränke ;-)) in unserem neuen Stammlokal ein. Wer es noch nicht mitbekommen hat, Prinzgemahl und Prinzessin sind Gewohnheitstiere. Wenn Sie einmal einen Ort der leiblichen Genüsse nach ihrem Gusto entdeckt haben, wird dieses immer wieder aufgesucht. Ich gebe zu, grundsätzlich keine schlechte Strategie, denn es gibt hier sicher das ein oder andere Drecksloch.

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Nun lautete das Motto „Go Go Gachetta Goa“ und wir machten uns zum Busbahnhof auf. Aber das ist eine andere Geschichte ….

GOA – G reat O utstanding A wesome

Goa ist wirklich beindruckend schön! Wir sitzen gerade auf der kleinen Terrasse vor unserer Hütte, mitten im Dschungel, und hören im Hintergrund das Meer rauschen, das nur etwa 200 Meter entfernt ist.

Der Strand hier ist der Hammer: Superweicher, feiner Sand, das Wasser ist warm und ganz flach, mit ein bisschen Brandung, und die Palmen bieten für den geneigten Sonnenbader Schatten und die Aussicht auf wohlgeformte Kokosnüsse (und das meine ich jetzt nicht nur im literarischen Sinne).

Es ist zwar Vorsaison und dementsprechend ist es hier noch richtig „leer“, aber einige Schönheiten schmücken doch mit ihren knappen Bikinis das Bild und versüßen den Jungs dementsprechend die Aussicht.
Ansonsten genießen Stephan und Ben es, wie die Kinder im Wasser zu toben, während Mama (also ich) mal in Ruhe ihr Buch am Strand lesen kann.Mittags ziehen wir dann immer auf sehr bequeme Liegen mit Schirmen um, die hier absolut kostenfrei den Besuchern zur Verfügung stehen.

Der Sonnenuntergang direkt „hinter“ dem Inselchen im Meer ist atemberaubend, und es ist uns sogar gelungen, einige Beweisfotos zu schießen. Abends haben wir jetzt einmal hervorragende italienische Küche (hier hat eine ältere italienische Nonna ein Lokal mit richtigem Olivenöl und so eröffnet), einmal echtes Goan Seafood genossen direkt am Strand, mit Kerzen -Tischchen im Sand am Wasser, und einmal indisch-chinesisch in einer Strandbar, die man nur über eine nicht ganz ausreichende Brücke und dementsprechend inklusive einer kurzen Wasserpartie erreichen konnte ( hat sich aber wegen der Aussicht und des Essens wirklich gelohnt;-)

Leider müssen wir morgen vormittag schon wieder weg ( ihr wisst schon, etwa 18 Stunden Busfahrt retour nach Mumbai) aber man soll ja schließlich die Zeit genießen, die man hat…

PS Hatten wir erwähnt, dass man hier für etwa 12 Euro schlafen und 5 Euro essen kann;-) Traumhaft, würde ich jederzeit gegen Italien tauschen;-)

 

Mumbai – Indien for beginners

Um es gleich mal klarzustellen: Es ist heiß und feucht! Und das ist jetzt nicht so schlüpfrig gemeint, wie es sich vielleicht anhören könnte;-)Sogar die Hunde haben sich nicht nur in den Schatten zurückgezogen, sondern sich gleich eingebuddelt.

IMG_20141102_114932Nein, also Mumbai ist eindeutig weiter südlich gelegen als unsere bisherigen Indien-Destinationen. Aber – und da hat Ben für seinen ersten Tag Glück – Mumbai stellt sich nämlich als „Indien light“ heraus. Soll heißen: Hier gibt es  Straßen(!), Abfalleimer ( sogar erste Ansätze von Mülltrennung sind zu erkennen – getrennt nach wet garbage und dry garbage- macht zwar keinen Sinn, aber es ist ein Anfang), es ist wirklich annehmbar sauber und am Meer gibt es eine richtige Promenade, die nach einer Großstadt ausschaut. Ben weiß allerdings nicht, ob ers jetzt toll finden soll oder nicht ( Zitat: “ Aber ich hab noch gar keine Kühe gesehen!“( bitte in leidendem Tonfall vortragen)

So präsentiert sich Mumbai nach außen hin weltoffen und durchaus modern.  Richtig klasse ist die Vielfalt an architektonischen Highlights aus verschiedenen Epochen bzw. kolonialen Besatzungszeiten, die die gesamte Südinsel prägen. Vom „wirklichen“ Indien kann man nur kleine Ausschnitte zwischen unsauber verbauten Wellblechen und in den Slums zwischen den Bahnlinien, erhaschen.

IMG_20141102_115050(Zitat Julia: „Guck mal, Ben, das ist das richtige Indien!“ Antwort: “ Aber ich seh immer noch keine Kühe!“)

Nun aber mal von vorne: Bens Jetlag ignorierend ( er behauptete, er hätte keinen) starteten wir heute vormittag zum berühmten Hare Krishna-Tempel, um den wunderbar spirituellen Gesängen zu lauschen und die Glaubensbildchen andächtig zu betrachten.

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Da Stephan und ich schon (zu) viele Tempe gesehen haben, musste Ben sogar alleine eine zweite Runde durch die heiligen Hallen drehen. Währenddessen versuchte ein lustiger Mönch, Stephan zu einem besseren Leben zu erziehen und wollte ih eine lebensslange Mitgliedschaft bei den Hare Krishnas freundlich aber bestimmt aufdrängen. Dabei erfuhren wir, dass es nur zwei Grundbedürfnisse gäbe: Essen und Sex. Zitat Mönch: “ You get sick from eating too much pretty fast, and even sex has its limits!“ AHA! Da Stephan da absolut nicht zustimmen konnte, verließen wir ohne neue Mitgliedsausweise den Tempel und machten uns Richtung Juhu-Strand auf (heißt wirklich so) , um dort ein wenig im Sand zu flanieren und das Meer zu genießen. „Genießen“ heißt wieder mal nur mit den Augen, da das Wasser hier – diesmal laut Bens Führer – toxisch ist.

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Nachdem uns die mehr als tropischen Temperaturen vertrieben hatten, suchten wir das Restaurant im Hare Krishna-Tempel auf, in dem rein vegetarisch und ohne Knoblauch und Zwiebeln gekocht wird ( da beim Ernten dieser Wurzelgewächse kleine Tiere sterben und man dann schlechtes Karma bekommt). Deshalb isst Stephan ja auch lieber Kühe – die sind laut seiner philosophischen Studien auf jeden Fall in Europa weitgehend karmaneutral.

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Aber zurück zum Hare Krishna-Essen: Es gab ein Super-Buffet, bei dem wir zahlreiche indische Vorspeisen, Dals, Paneers, Reisspeisen und Süßigkeiten kosten und die untere Mittelschicht Mumbais kennen lernen konnten. (By the way: Hier in Mumbai geht es den meisten wohl recht gut, die City brummt, hier wird Geld verdient, und viele wohnen nur noch im Slum, weil der Wohnraum hier sonst viel zu teuer wäre).

Nach dem Mittagsmahl ( in Stephans Fall: Fressgelage) fuhren wir (mit dem Taxi!!! Das kostet hier nur 5 Euro) in die Südstadt. Dauert aber eineinhalb Stunden, dafür ist unsere Unterkunft wenisgtens erschwinglich und wir müssen nicht im Slum wohnen  (dafür direkt neben dem Flughafen und unter einer Metrostation – wer dieses Gefühl nachempfinden möchte, sollte heute nacht auf seiner Waschmaschine schlafen;-) Wenn ihr auch noch die Raumgröße mit einbeziehen möchtet, schlaft IN der Waschmaschine. Und falls ihr die Luftfeuchtigkeit miterleben wollt, macht sie an;-)

Nun aber wieder zu Mumbai: Zu Fuß ging es an allerhand interessanten Gebäuden, vielen Luftballonsverkäufern mit wirklich großen……

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Luftballons, und vielen obligatorischen Foto-Posing-Stationen vorbei zu zahlreichen viktorianischen Gebäuden, unter anderem der Universität, dem Taj-Hotel, dem Shivaji-Terminus und und und.

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Zwischen diesen finden sich auch Artdéco-Gebäude wie in Miami und ein High Court, der wie eine rheinische Trutzburg gestaltet wurde.

IMG_0183Eine kurze Pause legten wir hierbei auf einem Crickett-Feld ein, diese beeendeten wir jedoch kurzfristig, als Stephan das dritte Mal vor einem Crickett-Ball fliehen musste.

IMG_0179Zum Abschluss unserer Stadttour besuchten wir den Marine Drive, von wo aus wir den Sonnenuntergang „fast alleine“ über dem Meer bewundern konnten.

Dabei stellten wir fest, dass Julia und Ben bei Stephans in Planung befindlicher Spiele-App “ CTC ( Catch-the-Crab) Fang die Krabbe“ leider total versagen würden. Auf dem Heimweg kamen wir noch an einem dunklen Park vorbei, bei dessen Betreten Stephan nicht umhin kam, darauf hin zu weisen, dass hier die Gefahr, vergewaltigt  zu werden, wohl besonders hoch sei. Und dann… mussten wir alle drei trotz des ernsten Themas herzlich lachen: Der Park heißt doch tatsächlich “ Horniman Circle“, die im dunklen auf ihren Handys herumdrücken ( wahrscheinlich, um den Launch der neuen Hit-App „CTC“ nicht zu verpassen;-)!

IMG_20141102_184133Neben vielen neuen Erfahrungen haben wir heute auch noch zwei neue Flaschen Shampoo und zahlreiche Lebensweisheiten gesammelt:

“ Kalt ist das neue Sprudelig!“

“ Julia, in dieses Loch solltest du jetzt lieber nicht reinfallen!“

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“ Das ist das echte Indien!“

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„Gib nicht irgendwelchen fremden Männern auf dem Herrenklo Trinkgelder“

 

 

 

 

Der BEN ist da!

So, heute gibt´s nur einen kurzen Eintrag – haben endgültig unsere Zelte in Nordindien abgebrochen und sind nach Mumbai übersiedelt. Nach einem traumhaft kurzen Inlandsflug landeten wir schon um halb fünf in „Bombay“ und – trafen dann gleich den heißvermissten Ben im Hotel;-) Nachdem wir ihn nach deutschen Köstlichkeiten (Gummibärchen!) und Medikamenten (Bepanthen!) gefilzt hatten, führten wir ihn in die Freuden der indischen Küche ein. Viel mehr haben wir dann auch nimmer geschafft – alle wichtigen Sightseeing-Punkte und die Organisation des Goa-Ausfluges wurden auf den morgigen Tag verschoben…

Varanasi – Wirklichkeit und Illusion im Hindu-Disneyland

Achtung: Dieser Artikel soll die religiösen Gefühle nicht verletzen und gibt nur ganz individuelle Eindrücke wieder.

Varanasi, die heilige Stadt, kommt wie vieles in Indien auf den ersten Blick zwar spirituell und irgendwie mystisch daher, zeigt sich aber bei genauem Hinsehen recht „down-to-earth“ und wirkt zwischen Handygebimmel, Dreck, heiigen Kühen, Wäschewaschen und Leichenteilen recht weltlich. Hier spielt sich nämlich alles auf sehr engem Raum ab, so dass es passieren kann, dass während einer heiligen Zeremonie schon mal eine Kuh in den Weg trottet, man das laute Klatschen eines nassen Saris auf einem Waschstein hört oder sich ein Mann die Zähne putzt, während neben ihm eine Kinderleiche dem Ganges übergeben wird. Denn- so haben wir bei einem erneuten Besuch von der Wasserseite der Burning Ghats erfahren-

IMG_9462werden besonders „heilige“ Leichen – also die Körper von Schwangeren, Kindern und Mönchen – nicht verbrannt ( das wäre gotteslästerlich) sondern dem Ganges im Ganzen übergeben. Schade eigentlcih, dass die Überreste dann – ob heilig oder nicht – auf dem anderen Flussufer dann von wilden und meist tollwütigen Hunden angefressen werden.

IMG_9989Deshalb müssen wir nun bei jedem der zahllosen Straßenhunde, denen wir hier begegnen, daran denken, dass die lieben Wauwaus wahrscheinlich ein Teil von Shiva ( heilige Körper haben hier göttlichen Gehalt) im Gedärm herumtragen. Weiter möchte ich diesen Gedanken hier jedoch eigentlich nicht spinnen…
Es bleibt aber zu sagen, dass die Inder, die immer wieder mit Stöcken nach den Tieren schlagen, um sie zu vertreiben, von deren heiligen Interieur und manchmal auch heiligen Hinterlassenschaften nicht sehr begeistert zu sein scheinen. Hier von einer „Lebendsymbiose“ zu sprechen, ist auch übertrieben, obwohl die Menschen, die in den Dörfern hinter Varanasi leben, wohl nicht undankbar sind, dass somit nicht allzu viele Leichen vor ihrer Haustür vorbeitreiben.
Wir haben tatsächlich keine Körper im Fluss treiben, sondern nur die Hunde bei ihrer Mahlzeit am Ufer beobachten können. Mit dem dazugehörigen Sonnenaufgang sah das schon fast wieder majestätisch und irgendwie heilig aus.

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Für die Hindus gehört das einfach zu ihrem Glauben dazu, weshalb hier – so scheint es – nicht über derlei nachgedacht wird. Auch über die Verschmutzung ihres heiligen Flusses denken die Menschen in dieser verrückten Stadt, die übrigens zu 80% vom Tourismus lebt, nicht nach, wie uns ein örtlicher Führer indirekt bestätigte, als er uns stolz von den Wassertürmen erzählte, die das Gangeswasser in der ganzen Stadt ungefiltert in die Wasserleitungen pumpen. Diese Errungenschaft der modernen Technologie bewegte uns dazu, auf eine Dusche hier in Varanasi zu verzichten, die manchmal eingedenk der Asche in den Haaren, die sich nach dem Besuch eines Verbrennungsghates dort unweigerlich ansammeln, durchaus angezeigt gewesen wäre. So nimmt man sich quasi einen Teil der Stadt und vor allem ihrer Menschen mit ins Bett und kann sich so auch körperlich als Mitglied dieser spirituellen Gesellschaft begreifen. Jedem, der sich jetzt ein wenig ekelt, sei gesagt, dass von einer Dusche mit reinem Gangeswasser, obwohl dieses heilig ist, selbst im Lonely Planet, dem Reiseführer der Globetrotter, strengstens abgeraten wird, wenn die hoteleigenen Boiler es nicht schaffen, eine Wassertemperatur von über 60 Grad herzustellen. Da unser Boiler dies auch dann nicht schaffte, wenn der Strom gerade mal nicht ausgefallen war („ It´s the government, we´re sorry!“), stiegen wir auf die aus der Mongolei bekannte Katzenwäsche aus Plastikflaschen um. Zimperlich oder auch budgetiert sollte man als Besucher dieser Stadt in dieser Hinsicht nicht sein ( Das Hyatt hat bestimmt gute Boiler und Wasserfilter;-) Aber das gilt ja eigentlich für ganz Indien, ein Land, das überall von Gegensätzen gezeichnet ist.
Nach der morgendlichen Bootsfahrt, die die Wirklichkeit im nebligen Zwielicht verschwinden und bei uns tatsächlich spirituelle Gefühle entstehen ließ,

mussten wir auch bald wieder zurück in die Wirklichkeit, um im örtlichen (angeblich internationalen Standard entsprechendem) Krankenhaus Julias Fuß überprüfen zu lassen. ( Zitat Julia: „Wenn die irgendwas unter meiner Haust machen wollen, bin ich weg!“) Das Heritage Hospital scheint zwar für indische Verhältnisse durchaus sauber zu sein ( so berichteten andere Backpacker) wir empfanden es aber als ein… Drecksloch, in dem man sich mehr holt, als man hinbringt.

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Da versteht man gleich, wo resistente Killerbakterien herkommen… Wir wollten eigentlich nichts anfassen und uns nirgendwo hinsetzen. Nachdem wir jede Behandlung im Einzelnen im Vorhinein bezahlt hatten ( Ein Plus: Röntgenaufnahmen kosten hier nur 19 Euro und eine Schiene, die Julia später bekam, kostet hier nur 10 Euro, in D aber 150 Euro, aber wozu ist man schließlich versichert?)

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brachte man uns direkt in den sterilen orthopädischen OP-Bereich, da der einzige verfügbare Orthopäde gerade mitten in einer surgery steckte. War aber kein Problem, da wir ja unsere Schuhe vor dem Betreten des sensiblen Bereiches ausziehen mussten. Wir durften dann im Aufwachraum warten, wo man uns, nachdem man festgestellt hatte, dass wir uns weigerten, uns hinzusetzen, frische Laken ohne Blut-,Schleim und andere Flecken brachte, die sich als nur wenig sauberer entpuppten. Wir vermuten, dass diese ebenso wie die meiste Hotelwäsche direkt im Ganges gewaschen und dann am Uferstreifen getrocknet wird. Nachdem der Arzt Julia kurz äußerst schmerzhaft auf den Fuß gedrückt hatte, schickte man uns zum Röntgen, und am Ende bekamen wir tatsächlich die dringend benötigte Schiene, damit Julia nach einigen Tagen Ausruhen wieder loshumpeln kann. Alles in allem war der Besuch im Krankenhaus äußerst „heilsam“, denn wir wollen hier kein Krankenhaus mehr von innen sehen und sind nun umso begeisterter von der deutschen Gesundheitsversorgung, die sich zwar leider in zwei Klassen spaltet, aber auch für jeden Kassenpatienten das Tausendfache von dem bietet, was man hier bekommt.

Nach diesem Besuch ( mittlerweile war es Nachmittag geworden) ging es in die Stadt, um etwas zu essen und die Wirklichkeit bei einem frisch gepressten O-Saft und Pfannkuchen in einem klimatisierten Café, das gefiltertes Wasser verwendet, zu verdrängen.

IMG_9683Hier waren wir inmitten von anderen Backpackern, die auf ihren Macs und/oder Tablets herumtippten, wieder in der heilen indischen Welt angekommen, und konnten entspannt auf dem Sofa über Indien vs China diskutieren ( eine Diskussion, die noch lange nicht ausgefochten ist, da ich der China-Fan bin und Julia nach wie vor Indien präferiert). Nur so viel sei dazu gesagt: Nach unseren Erfahrungen in Indien finde ich, dass der Kommunismus China eigentlich gar nicht so schlecht getan hat…
In diesem Café trafen wir auch ein französisches Pärchen, das seit eineinhalb Jahren rund um die Welt unterwegs ist und dabei versucht, auf Flüge zu verzichten Da die beiden auch in den Stans und Iran unterwegs waren, erzählten wir von unserem niederländischen Reisegefährten aus der Mongolei, mit dem wir viele schöne Stunden erlebt haben. Plötzlich fragte Alex, der französische Junge, der seit Monaten mit Diarrhoe kämpft, weshalb die beiden jetzt auch nach Frankreich fliegen, um sich in Behandlung zu begeben, wie dieser nette Niederlander heißt. Und so stellte sich heraus, dass die beiden unseren Will in Mittelasien kennengelernt und seitdem auch immer Kontakt gehalten haben. So klein ist doch die Backpacker-Welt!!!

Zur Erinnerung: Will ( mit uns in Ulan Baatar )

IMG_0642Nach dieser netten Unterhaltung ging es durch die engen Gässchen der Stadt

IMG_9729 IMG_9718in Richtung des Haupt-Verbrennungsghates, bei dem wir kurz nach Sonnenuntergang ankamen. Hier konnten wir von Nahem beobachten, wie die öffentlichen Verbrennungen – für uns fast ohne erkennbares Zeremoniell – von den so genannten Doms aus der Klasse der Harijans durchgeführt werden. Man verwendet tatsächlich für jede Leiche nur so viel Holz, wie notwendig ist ( Holz ist für Inder teuer, 50 Rupien pro Kilogramm, 5000 Rupien pro Monat ist wohl das Durchschnittsgehalt eines Inders pro Monat). So werden die Leichen zwar in Tücher verhüllt durch besagte Gassen getragen, aber dann relativ sang- und klanglos ausgepackt und von etwa 6 Männern auf den eigenen Scheiterhaufen gelegt und mit einer Reihe Hölzern zugedeckt. Nach einigen Andenkenfotos durch die Verwandten ( wir haben natürlich keine Fotos gemacht, das ist nicht angemessen), die wir als sehr pietätlos empfanden, ebenso wie die Tatsache, dass hier und da ein Handy klingelte, nebendran gegessen und Zähne geputzt wurde, wurden die Holzscheite mit glühenden Stücken aus anderen Scheiterhaufen entzündet und wohl duftende Kräuter dazugegeben, So roch es hier zwar intensiv, aber wir empfanden es nicht als unangenehm. Trotzdem würden wir keine Kinder oder empfindsame Menschen mit zu diesem Verbrennungsort nehmen, da man schon sehr explizit mit dem Tod konfrontiert wird.

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Übrigens bestehen die Trauergesellschaften, die der Verbrennung beiwohnen, hier ausschließlich aus Männern, weil die Frauen zu Hause die eigentliche Trauerarbeit leisten. Dies ist wiederum ein Eindruck, den wir von ganz Indien und der Gesellschaftsordnung hier erlangt haben: Man sieht nicht nur deshalb viel mehr Männer auf der Straße, weil hier oft – wie bekannt – Mädchen aus ökonomischen und traditionellen Gründen abgetrieben werden ( die Statistik setzt deutliche Zeichen), sondern auch, weil die Frauen hier an Heim, Kinder und Herd gebunden sind und deshalb – außer für ritulle Zeremonien – nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Dieses patriarchalische Lebensmodell sollte mir eigentlich liegen, dünkt mir aber äußerst ungerecht und zeigt wiederum, wie tief Indien noch – trotz anderslautender Gesetzeslage – in eigentlich überkommenen Traditionen verhaftet ist. ( vor allem bezüglich Kasten, Frauenunterdrückung und der Meinung „Saris are for Ladies, Jeans are for Rape“).
Alles in allem kann man in Varanasi zwei unterschiedliche, aber dennoch miteinander verknüpfte Welten entdecken: So sieht man hier ganz banales Leben direkt neben wirklichen Gläubigen, die in tiefer spiritueller Erfüllung ihren Göttern huldigen. Alles vermischt sich dabei für den etwas unbedarften Beobachter zu einem Crescendo von Eindrücken, das einen selbst auf jeden Fall berührt. Dabei lässt sich selbst der Religionskritiker in mir von dem unverrückbaren Glauben, der vielen Menschen hier ins Gesicht geschrieben steht, beeinflussen, so dass ich dazu geneigt bin, den Mönchen, die auf die Gaben der Gläubigen angewiesen sind, auch dergleichen Inbrunst bei der Durchführung ihrer Zeremonien zu unterstellen. Mir persönlich fällt es jedoch schwer, die Realität dabei auszublenden, wie dies viele Menschen hier scheinbar können.
( Zitat Julia: Und es fällt ihm schwer, sich kurz zu fassen!“)

Agra – TAJ,TAJ und noch mehr TAJ!

Alles in dieser – im Staat Uttar Pradesh gelegenen Stadt – dreht sich nur um eines: Das Taj Mahal!

Welches Hotel hat den besten Blick auf das Taj, wann sollte man kommen, was hat es jetzt wirklich damit auf sich, wo bekommt man die besten Fotos und aus welchem Winkel, was soll ich hier in dieser Touristenhochburg eigentlich?

Ganz klar, jetzt wissen wir es: Es dreht sich zu recht alles um das Taj Mahal. Sollten wir daran gezweifelt haben, ob es sich wirklich lohnen würde, extra hierher zu fahren, nur um dieses Grabmal zu besuchen, so waren spätestens nach Betreten der Taj-Gärten alle Zweifel wie weggeblasen: Das Taj Mahal ist wirklich das schönste Gebäude der Welt und hat den Ruf, den es weltweit genießt, verdient.

IMG_8614Auch der Tipp, gleich morgens gegen 6 Uhr hierherzukommen, hat sich ausgezahlt: Erstens sind es morgens nur kleine Menschenmassen, die sich hier durchschieben, und zweitens ergibt der Sonnenaufgang östlich des Taj Mahal ganz besondere Lichteffekte. Und überhaupt: Das Taj Mahal ist die ideale Fotolocation, weshalb Stephan sich gleich zu einem ganzen Fotoshooting berufen fühlte ( Das Taj von vorne, hinten, oben, unten, mit Julia sitzend, stehend, liegend, ohne Julia, mit Pool, ohne Pool, mit Julia…) Seht selbst:

Nachdem wir das Taj Mahal ausgiebig genossen und uns natürlich intensiv informiert hatten ( ja, es wurde vom Schah Jahan tatsächlich für seine geliebte Frau erbaut, die bei der Geburt des gemeinsamen 14. Kindes verstarb – und nein, sie verstarb nicht im Krankenwagen auf dem Weg in die Klinik;-) (falls jemand zu viel Slumdog Millionaire geguckt haben sollte), mussten wir erst mal einen ausgiebigen Morgenschlaf ( Schlaf nach dem Frühstück, zwischen neun Uhr und elf Uhr) halten. Danach ging es weiter auf den Spuren des Taj: Diesmal zum „Baby Taj“, einem weiteren imposanten Grabmal in Agra, das zwar kleiner, aber auch aus feinem, halbtransparenten weißen Marmor erbaut ist und außerdem noch filigraner ausgestaltet wurde als das „große“ Taj.

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Schließlich besuchten wir noch einen wunderschönen Park auf der anderen Flussseite, von dem aus man einen herrlichen Blick auf die Rückseite des Taj Mahal und die – mittlerweile kaum mehr zu überblickenden – Menschenmassen dort hat:

Die Einheimischen genossen derzeit lieber den Blick auf uns ( okay, sie starrten wieder stundenlang mich an – wie es wohl sein wird, daheim keine Aufmerksamkeit mehr von der Männerwelt zu bekommen?! Aber ich hab ja Stephan, der darf mich weiter anhimmeln;-)

Alles in allem ist das Taj Mahal nicht nur aufgrund des sozialen Drucks der Daheimgebliebenen ( Zitatvermutung: „Was, ihr wart in Indien und habt nicht das Taj Mahal gesehen?!“) sondern auch wegen der puren und reinen Ästhetik einen Besuch und viele, viele Fotos wert! Zitat Stephan: “ Mit Julia und Taj Mahal vor der Linse könnte ich mir fast vorstellen, eine Canon Eos zu kaufen.“ Und das von unserem Fotomuffel;-)

 

 

 

Fathepur Sikri – Des Sultans neue Weiber

… oder hieß es nicht neue Kleider?

Egal, für Fatepur Sikri – eine Ruinenstadt etwa 40 Kilometer vor Agra – gilt aber unsere Überschrift: Der Herrscher, der den hiesigen Palast bauen ließ ( also, nicht als Ruine, der war schon mal ganz „normal“), hat nämlich angeblich drei Frauen gehabt – keine Seltenheit unter Maharajas, also mehrere Frauen, aber hinzu kommt ein pikantes Detail: Eine seiner Frauen war Muslima, eine war Hindu, und eine war – so vermutet man wegen ihres Namens – Christin. Und tatsächlich finden sich auf dem Palastgelände ( das man nur in einem heillos überfüllten indischen Kleinbus erreicht) drei Bauten, die jeweils einer der Frauen zugeordnet werden und dementsprechend mit christlichen, islamischen und hinduistischen Stilelementen erbaut bzw. bestückt wurden.

Außerdem findet sich auf diesem Gelände auch ein großer Hof, auf dem der Maharaja Audienzen abhielt und den ein oder anderen zum Tode Verurteilten schon mal von Elefanten zertrampeln ließ ( das heißt dann: EleFtrischer Stuhl) (sorry, schon wieder politisch inkorrekt)

Die nebenan stehende extrem beeindruckende Moschee zeigt aber eigentlich noch viel mehr Eleganz und Erhabenheit, wie uns von einem gewieften Achtjährigen erklärt wurde. „Ihr wolltet doch Kindern nichts geben oder ihnen was abkaufen, damit sie zur Schule gehen!“, werdet ihr jetzt zu Recht sagen. Und eigentlich wollten wir die Dienste des jungen Mannes gar nicht, aber er war so hartnäckig und erklärte uns trotzdem alles zur Moschee in perfektem Englisch, dass wir ihm am Ende trotzdem etwas dafür gaben, denn er hatte seinen Job wirklich gut gemacht ( besser als die erwachesenen Guides, die wir hier und da beschäftigten) und nahmen ihm das Versprechen ab, zur Schule zu gehen ( was er natürlich tue, versicherte er, er führe die Touris nur am Wochenende herum).

IMG_8312 IMG_8327 IMG_8313Ich finde die Situation, hier ständig mit bettelnden, verkaufenden oder guidespielenden Kindern konfrontiert zu sein, wirklich als sehr sehr belastend: Wer bin ich denn, einem armen abgemagerten Kind mit zerrissenen Klamotten, das mir die Hand hinstreckt, nicht ein paar Rupien zu geben? Aber aller Welt ist sich ja einig, man darf Bettelkindern nichts geben, weil es entweder an die Bettelmafia geht und/oder die Kinder dann nicht mehr zur Schule geschickt werden könnten, weil sie ja mehr Geld verdienen, wenn man sie betteln schickt. Aber… ist das wirklich so? Oder würde ich den Kindern nicht viel mehr mal für einen Abend einen vollen Magen schenken?  Und was ist mit den Kindern, die wie der Junge hier in Fatepur Sikri sich ganz toll informieren und Englisch lernen, um den Touris etwas Geld abzunehmen? ISt doch auch ziemlich geschäftstüchtig und gewieft, einerseits, aber macht er das wirklich freiwillig, „freiwillig“, also schon notgedrungen, um an Geld zu kommen, aber irgendwie aus freier Entscheidung, wie das Geld beschafft werden soll? – oder wird er wiederum dazu gezwungen und nur von Erwachsenen ausgebeutet, und sollten wir dementsprechend den armen Jungen während seiner Erklärungen ignorieren ( was wir anfangs versuchten) und ihm dann am Ende nichts geben? Und hat ein Kind wirklich hier bessere Chancen, wenn es noch ein bisschen länger zur Schule geht, als wenn es sich schon früh im einträglichen Touristengeschäft etabliert und seine Fremdprachen perfektioniert?

Ich bin ratlos. Ratlos überhaupt angesichts der krassen Armut, die einem hier überall begegnet – in den Städten in den Slums, auf dem Land in schwer arbeitenden und bis auf die Knochen abgemagerten Menschen. Hier als Tourist zu sein – Fluch oder Segen? Nutzen wir die Armut aus, oder helfen wir, zumindest Devisen ins Land zu bringen? Sind die Menschen auf den Tourismus angewiesen, oder ist der Tourismus auf die Menschen angewiesen?  Können wir uns für ein paar Euro den Bauch vollfressen, wenn Menschen nicht mal das Geld haben, sich Chapati für 10 Rupien zu kaufen?

Letztens kam ein zerlumpter Junge auf uns zu, der wieder mal betteln wollte – leider haben wir ihm nicht richtig zugehört, denn erst, als er wieder verschwunden war, habe ich realisiert, dass er um „ein Chapati“ gebettelt hat. Wäre das der Ausweg – zumindest aus der Bettelfrage – jedem bettelnden Kind ein Chapati zu kaufen? So zumindest dafür zu sorgen, dass es etwas zu essen hat? Leider lässt sich das nicht so einfach realisieren, aber wir haben uns vorgenommen, das zumindest jetzt zu versuchen.

So, nun ist dieser Artikel leider in ein sehr ernstes Milieu abgedriftet, aber wer Indien sagt, sagt eben nicht nur „Schönheit“, sondern auch „Armut“. Wir müssen selber noch herausfinden, wie wir in diesem Spannungsfeld zu verorten sind…