… eine kleine Anspielung an den Film „Lost in Translation“ – wer hat ihn gesehen? – den Stephan und ich jahrelang als absoluten Klassiker des “ ich-schlaf-nach 37-Sekunden-ein-DVD-Abend-Films“ einschätzten.
Doch mit der nun sehr neuen Perspektive auf die japanische und insbesondere Tokyoter Kultur: Der Film fängt viel Realität, wenn auch etwas dialoglastig – ein.
Film-Facts, die wir tatsächlich so bestätigen können:
1. Viele Japaner können tatsächlich kein r aussprechen – lustig, eigentlich sagt man das ja tatsächlich den Chinesen nach, da ist uns dieses Phänomen aber überhaupt nicht aufgefallen
2. Die Menschen hier sind superhöflich, helfen einem gerne weiter und verbeugen sich immer wieder – insbesondere an Service-Stellen.
3. Wenn man weiterhilft, aber kein Wort Englisch spricht, dann quatscht man den Fremdling einfach einige Minuten auf japanisch voll, um den Weg zu erklären – irgendwann muss es ja „klick“ machen und der andere spricht plötzlich diese vollkommen fremde Sprache.
4. Karaoke ist in – aber leider, leider, wie im Film gezeigt, nur in Privaträumen in kleinen Gruppen, und wir haben einstimmig entschieden, dass 2 Menschen dann doch eine zuu kleine Gruppe für diese Art Spaß sind ( in der Kombo können wir auch zu Hause vor dem Fernseher singen)
5. Die riesige Kreuzung in Shibuya ist tasächlich einen Besuch wert, und die Überquerung der vielen Zebrastreifen katapultiert einen mitten in riesige Menschenmengen

( plus: Man(n) kann alle Zebrastreifen in einer Grünphase überqueren – es kommt nur auf das richtige Tempo ( in Stephans Fall: Höchstgeschwindigkeit im Rennen) an)

Übrigens: Das Treiben auf dieser mit 5 Zebrastreifen ausgestatteten Kreuzung kann man am besten bei einem Chai Latte vom StarBucks im ersten Stock beobachten und dabei wirklich viel Zeit verbringen:



6. Japanisches Essen ist nicht nur Sushi! Auch wenn das hier wirklich lecker und günstig ist und auch im Vorbeigehen am Straßenrand verzehrt werden kann.
Aber wir haben noch andere Köstlichkeiten entdeckt, weshalb unser Japan-Aufenthalt unseren Abnehmerfolgen extrem abträglich scheint: Nudelsuppen, köstliche japanische Maultaschen, saftige Fleischstücke in Tempura-Mantel – ja,ja,ja!

Und dazu haben unsere japanischen Mitbürger auch noch eine Vorliebe für die italienische und französische Küche, überall gibt es Trattorias mit Pizza und Pasta und französische Bäckereien mit Baguette und Pain-au-Chocolat – ich will hier nimmer weg!
7. Den Luxus im Grand Hyatt-Hotel, den sich Bill Murray und Scarlett Johansson leisten, kann in Wirklichkeit niemand bezahlen – Tokyo ist eine der teuersten Städte der Welt, und wir haben uns wirklich sehr sehr schwer getan, eine Unterkunft – weit draußen im U-Bahn-Netz unter 50 Euro zu finden… Seufz… Wir hatten sogar über die hier so beliebten Kapselhotels nachgedacht, aber die kosten auch gerne mal 25 Euro pro Nacht pro Mann, und da müsste man dann ganz alleine auf etwa 1,5 Qm schlafen…

Nee, nix für uns… Ich tröste mich einfach damit, dss wir ja aus gutem Grund nur 5 Tage da sind und Indien hoffentlich alles wieder rausreißen wird;-)
Aber immerhin: Auch hier bekommt man japanische Schlafhemden und Hausschuhe zur Verfügung gestellt, sehr bequem, und Gott sei Dank gibt es richtige Betten, die klassischen Futons hätten meinem Rückn bestimmt den Rest gegeben:

8. Die Hauptdarsteller im Film haben einige recht explizite Begegnungen mit dem erotischen Teil Tokyos – was ja insbesondere für die US-Amerikaner sehr schockierend sein muss. Aber tatsächlich ist Sex hier allgegenwärtig – insbesondere im Geek-Viertel Akihabara, der Electric-City.

Kaum betritt man eines der „Kaufhäuser“ ist man mittendrin im Manga-Anime-(Alp-)Traumland, und nach wenigen Schritten ins Innere steht man dann direkt vor Heftchen und Filmen, die Comic-Erotik ersten Grades verheißen…

Teilweise wirklich heftig und für mich, die ich ja wirklich nicht prüde bin, doch ein wenig schockierend. Besonders frappierend sind die Männer aller Altersstufen, die im kompletten Comic-Outfit vor den Bildschirmen stehen und den Abenteuern mit einer Intensität folgen, dass einem die echten Frauen hier fast ein wenig leid tun…

Aber vielleicht kennen die ja diese Vorlieben und können da anders und viel lockerer damit umgehen, wer weiß?

Dies kommt vielleicht auch daher, dass die Japaner verpixelte Genitalien haben – festzustellen war das bei allen „realen“ Filmchen, über die wir hier gestolpert sind. Insofern ist diese Theorie durch die momentane Absenz von Gegenbeweisen für valid erklärt;-)
Zur Beruhigung: Es gibt natürlich auch andere Aspekte dieser Comic-Pop-Kultur, die weniger jugendgefährdend sind: Natürlich sind alle Comic-Stars auch als Figürchen zu haben, und so finden sich neben klassischen Manga-Figuren auch Power-Rangers und Filmstars wie Indiana Jones oder auch die Darsteller großer Fernseh- und Kinoproduktionen ( Star Wars, Lost, Game of Thrones, Twilight, Hunger Games etc) in plastischer Reinkarnation wieder. (@Martina: Gale war wohl ausverkauft, und Peeta wollte wieder keiner haben;-)
Ach ja: Auch echte Laserschwerter sind hier natürlich zu haben –

neben ganzen Regalen voller Softair-Waffen, für die es in Japan anscheinend keine Beschränkungen gibt, und echt heftigem Armee-Zubehör ( Fake-Mörsergranaten, kugelsichere Westen, etc…)

9. Scarlett Johansson und Bill Murray rennen gemeinsam durch eine Spielhalle, in der es laut zugeht und einige Jugendliche extrem großen Spaß an Spielautomaten haben – im echten Leben gibt es noch viel mehr Automaten, viel mehr Spielmöglichkeiten, und ja: Man kommt echt ins Schwitzen, wenn man versucht, Bälle am Bildschrimrand abzuwehren, Schlagzeug zu spielen oder die neueste Choreographie eines japanischen Songs auf einem Dance-Borad auszuprobieren.
In Europa macht man das halt zu Hause, auf der eigenen Wii oder PS, hier in aller Öffentlichkeit in einer der riesigen Spielhallen. All das spielt sich allerdings immer nur im „harmlosen“ Erdgeschoss ab. Sobald man eine Treppe weiter nach oben kommt, wird es extrem: Es gibt keine Fenster mehr in den Spielhallen, und die Menschen sitzen in langen Reihen dichtgedrängt vor den Spielmaschinen und zwar in einer Atmosphäre und Lautstärke, die für sie anscheinend keine Rolle spielt, für mich aber unerträglich war und – hätte ich als Folter darin mehrere Minuten verbringen müssen – ich anschließend alles zugegeben, was man mir vorgeworfen hätte.

SCHRECKLICH! Und ich dachte immer, als Grundschullehrerin ist man einiges an Lärm gewöhnt…
10. Bei den Straßenaufnahmen Tokios fallen einige als Schulmädchen gekleidete Passantinnen auf – dies ist keine Ausnahme, sondern viel mehr die Regel. ich glaube, ich war eine der wenigen Frauen, die die letzten Tage in Hose und Shirt und nicht in Kniestrümpfen mit passendem Mini-Rock unterwegs waren. Klar gibt es auch „echte“ Schulmädchen ( die sind übrigens total süß, sogar mit einheitlichen Schultäschen) und einige Grauzonen-Fälle, bei denen man vom Alter her nicht sagen konnte, ob es wirklich eine Schuluniform ist oder nicht, aber spätestens ab einem Alter von 25 Jahren ist es dann eindeutig eine Geschmacksfrage und kein von der Regierung erlassener Kleidungsstil…
Noch viel krasser fanden wir allerdings die zahlreichen Foto-Boothes, wo die jungen Mädchen sich für etwas Geld als „echte“ Schulmädchen, Hausmädchen, Comicstar oder ähnliches verkleiden und dann total aufgestylt Fotos von sich machen können – jeden Tag des Jahres, unabhängig von Fasching, Halloween oder sonstigen Anlässen, die ansonsten mit Verkleiden einher gehen.

Nichtsdestotrotz musste ich das natürlich auch mal ausprobieren mit dem Verkleiden, um eine Kultur zu verstehen, muss man schließlich auch eintauchen:



Dazu passt auch der Trend der so genannten Maiden Cafés, in denen als junge Schul- bzw. Dienstmädchen verkleidete Damen total überteuerte Speisen und Getränke anbieten und vielleicht das ein oder andere gekicherte Tänzchen hinlegen….
Übrigens: Lost in METROSTATION hat auch einen tieferen Hintergrund: Das Ubahn-Netz in dieser Stadt ist so groß und unübersichtlich, dass sogar wir, die wir immerhin in den letzten Wochen mit gar nicht zu entziffernden chinesischen U-Bahn-Plänen zu tun hatten, zunächst mal nicht den blassesten Schimmer hatten, wie und wo es lang geht und was das eigentlich kosten soll.
Aber: Mit einer kleinen App und ein bisschen Übung geht es dann schon viel besser, und: Man kommt tatsächlich mit dem ein oder anderen Umsteigen per Bahn überallhin, wo man hinmöchte – das ist in dieser 9-Millionen-Metropole doch durchaus begrüßenswert! Außerdem sind die Japaner absolut ordentliche U-Bahn-Fahrer: Die Metrostationen sind zwar riesig und unübersichtlich, aber: Sie stellen sich richtig an, fahren auf der Rolltreppe auf der richtigen Seite etc-

das einzige, was sie anscheinend nicht lassen können, ist das Upskirten, also das Unter-den Rock-Fotografieren beim bergan fahren:
Neben den oben aufgezählten sehr interessanten Aspekten der japanischen Kultur haben wir noch einige andere wichtige Entdeckungen gemacht:
– Man mag keine Schuhe! Ehrlich, man muss sie nicht nur vor Eingangstüren zu Wohnhäusern und Hotelzimmern ausziehen, man darf zum Beispiel auch nicht mit Schuhen in Umkleidekabinen treten.
– Tokyo wird nicht umsonst die Stadt der Mode genannt: Viele Menschen hier tragen absolut stylishe und individuelle Outfits, die sowohl mich als auch den ansonsten eher modemuffligen Stephan begeisterten und zu einer wahren Styling-Orgie in einem riesigen unterirdischen Second-Hand-Kaufhaus begeisterten ( leider blieb es beim Stylen, ohne Kaufen, alles immer noch viieeel zu teuer bzw. vieeel zu klein ( hier sind wieder alle etwa 20 Zentimeter kleiner und 50% leichter als wir;-)
– Die Comic-Szene lebt – und Stephan musste sich natürlich auch gleich in einer japanischen Comic-Karikatur verewigen lassen… Irgendwie ist es schon schade, dass er dieses Jahr nicht den Nikolaus gibt, die Ähnlichkeit wird immer frappierender;-)
– Man steht hier scheinbar auf schwarze Burgerbrötchen – müssen wir uns noch überwinden und ausprobieren…
Mal sehen, was die nächsten Tage in Nippon noch so an Entdeckungen bereithalten… Arrigato fürs Mitlesen!