Heute haben wir unseren heimeligen und kaum touristischen Standort (;-) nahe der Sanddünen, die Julia und ich trotz größter Anstrengung nicht ganz besteigen konnten, verlassen. Da unsere äußerst sportlichen Mitreisenden jedoch den Gipfel auch nur auf Händen und Knien erreichen konnten, war eine lange Pause, die bis zur Rückkehr unserer Begleiter dauerte, eine durchaus wohlüberlegte und trotz des schönen Sonnenuntergangs, den es zu sehen gegeben hätte, eine weise Entscheidung. Am Ende unserer langen Reise würden wir es vielleicht auch schaffen – Mal sehen.

Leider mussten wir am Ende der Wanderung den süßen zahmen Hund alleine in den Dünen zurücklassen, das uns „anvertraute/untergeschobene“ ritalinbenötigende mongolische Kind mussten wir hingegen leider wieder mit ins Camp nehmen, da sein Verschwinden wahrscheinlich aufgefallen und uns Langnasen zur Last gelegt worden wäre. Wenigstens war Julia durch die soeben überstanden Strapatzen trotz der bescheidenen Bettstatt so müde, dass sie bis 5 Uhr fast durchgängig „ausschlafen“ konnte. Heute beklagte sie sich hauptsächlich nur über die üblichen Rückenschmerzen (bumpy roads) und einen roten Hintern, für den ich ausnahmsweise nicht, sondern die Kamele, die übrigens wirklich stinken, verantwortlich sind. Aber wer kommt schon auf die Idee die Viecher zu reiten. Na gut die Araber, aber die spinnen ja eh! (Der Hintern tut ihr übrigens immer noch weh. Ob er noch rot ist kann ich nicht sagen, aber Julia betreibt schon seit Tagen Paviankörperpflege bei mir, was zu diesem Bild durchaus passen würde.)
Nach diesem Exkurs in unsere duschfreie Körperpflege zurück zum Tagesgeschäft („Tages-Geschehen bitte, sonst kommt das blöd rüber!“)
Nach einem sehr gesunden Frühstück (Müsli, sehr mongolisch!) machten wir uns wieder mit unserem scheinbar unkaputtbaren russischen Minivan auf den Weg Richtung Red Cliffes, dem mongolischen Dinosauriertal. Hier von Straßen zu reden wäre eine Farce, weshalb der Spruch „on the road again“ hier doch eher unpassend erscheint.
Mit dem Ausspruch „Hoffentlich sind die Dinosaurier nicht so laut wie die Kamele!“ ging es also los und über Huckel, Hügel und Berge weiter auf mongolischen Wegen, die zwar eher wahllos strukturiert, aber stets ans Ziel zu führen scheinen. Als wir uns gerade im Van darüber ausließen, wie stabil dieser doch sei, hatten wir natürlich eine Panne, was Julias Hang zum Aberglauben wieder einmal bestärkte.
Wie bei russischen Vans aber so üblich, war alles schnell mit Hilfe von etwas Kleber und Panzertape behoben, so dass wir bald die Kleinstadt (400 Einwohner, was für mongolische Verhältnisse wirklich groß ist) erreichten, in der es eine öffentliche Dusche geben sollte.
Natürlich war diese geschlossen, was uns nicht wirklich schocken konnte, da wir ja erstens Sterilium, zweitens Babaywaschtücher und drittens vom Sand verstopfte Nasen hatten. Nach einem kurzen „Einkaufsbummel“ in der „Einkaufsstraße“

der Region und einem Lunch bei einer dem Guide bekannten Familie in einem richtigen, wenn auch schiefen Haus
(Na, die hätten wirklich das duale Ausbildungssystem in der Mongolei einführen sollen)
fuhren wir dann weiter zu den Redcliffes, wo man schon 1923 Dinausaurierknochen gefunden hat und diese dann natürlich direkt damals noch per Kamelkarawane über China in die USA verschifft hatte. Julia war trotz atemberaubender Kulisse sehr enttäuscht darüber, dass es im Dinosauriertal keine Dinos gibt – bei jeder Schulklasse hätte dieser Umstand zu einer Meuterei geführt… Die Mongolen sind halt kreativ bei der Benennung der Sights, deshalb halten wir uns jetzt an die zweite offizielle Bezeichnung der herrlichen Felsenkulisse; „Flaming Cliffs“.
Diese brennen zwar nicht, sind aber aufgrund ihrer Eisenhaltigkeit und dem entstehenden Rost rot gefärbt und wirken wie aus einer anderen Zeit, so dass durchaus eine prähistorische Stimmung bei uns aufkam.
Außerdem stellten wir wieder einmal fest, dass es in der Mongolei wirklich keinerlei Sicherheitsvorkehrungen gibt und man die Touristen bei ihren Wanderungen hier noch ihrem gesunden Menschenverstand und ihrem hoffentlich vorhandenen Selbsterhaltungstrrieb überlässt.
Da Julia vor allem Ersteres manchmal vermissen lässt, musste ich sie heroisch retten, weil sie unbedingt auprobieren wollte, ob die nicht sehr stabil wirkenden Überhangklippen aus dem porösen Material tatsächlich brechen und hinabstürzen würden, wenn dicke Toruisten darauf steigen. Ich konnte sie davon überzeugen, mir ihre Hand vorher zu reichen, und habe sie nur so im letzten Moment noch hinaufreißen und vor dem Absturz bewahren können (@mitlesende Mütter: leichte Übertreibung;-)
Am Ende haben wir dann doch noch einige paläontologische Überbleibsel, nämlich halb im Gestein verborgene Dino-Eier entdeckt,

was Julia so weit zufriedenstellte, dass sie sich mit einiger Mühe zurück in den Van bugsieren ließ, wo sie den Guide zum wiederholten Male damit nervte, ihn zu fragen, wo denn nun hier die Dinosaurier seien – ein Witz, den dieser sicher noch nie zu hören bekommen hat. Ohnehin beschwert sich Julia ständig über alles, und ich bin supertapfer (aber wehe, man verlangt von ihm in Deutschland auf einen nicht perfeten Lattenrost zu schlafen oder zehn Meter zu Fuß zu gehen- das geht gar nicht 😉 [Kommentar Julia]
Ohnehin ist in der Mongolei vieles anders! So ist bis hierher in die Steppe die Info über die Existenz von Matratzen oder Toiletten nicht vorgedrungen – aber wir haben uns jetzt echt fast dran gewöhnt. Nur, als ich heute vorschlug, noch eine weitere Woche in der Wildnis zu verbringen, kam es fast zum Aufstand. Wir konnten uns zunächst auf zwei Tage Ulan Baator einigen (kommt eben immer darauf an, wie man Wildnis definiert;-)
Gen Abend haben wir dann wieder ein Gercamp einer Familie aufgesucht und uns mehr oder weniger (je nachdem wen man fragt) häuslich eingerichtet.
Beim Dinner haben wir dann mit unserem Guide Otkor, der einen Bruder hat, der in Nürnberg lebt, über die Vorzüge der Civilisation im Allgemeinen, und Deutschlands im Besonderen gesprochen. Dabei führte Otkor uns wiedereinmal vor Augen, wie gut es uns geht, als er uns aus seiner mongolischen Sichtweise von seinen Besuchen in Deutschland, dem Land der Nörgler, erzählte und dabei über fast alles ins Schwärmen geriet. Besonders Schwimmbäder und, da kann ich ihn voll und ganz verstehen, Hot tubs haben es ihm angetan. Einfach so ins Wasser springen zu können, wenn man das will, ist halt ein Luxus, den man erst richtig zu schätzen weiß, wenn man die Wüste besucht hat. Er der hier aufgewachsen ist, ist ganz fasziniert von uns Deutschen, unserer Pünktlichkeit, unserer Arbeitsmoral und unsern – na was denkt ihr? Klar, Straßen!
Während dieses Gesprächs kam übrigens die mir völlig unbekannte Tatsache zu Tage, dass Koreaner in ihrer Sprache ein deutsches Wort entlehnt haben (aufgenommen). Dabei handelt es sich nicht um Blitzkrieg, damit hatten die Koreaner ja auch wenig zu tun, sondern um das schöne Wort „Arbeit“. So nennen die Koreaner nämlich einen Halbtagsjob ohne notwendige Ausbildung, was recht viel über die koreanische Meinung über unsere „Arbeits“moral aussagt. Da die Koreaner aber wie wir Deutschen als Complaining people bekannt sind, muss man auf diesen Umstand nicht viel geben. Übrigens haben wir festgestellt, dass nicht Ha Tong sondern Julia die Koreanerin unserer kleinen Reise-Gruppe ist, da sie sich über viel mehr beschwert als unsere richtige Koreanerin. Diesen Umstand hat sie übrigens selbst so festgestellt und sich damit insbesondere bei Ha Tong sehr beliebt gemacht. Natürlich war das nur ein Scherz, den unsere Mitreisenden auch als solchen verstanden, so dass keine spontane Hetzjagd mit anschließender Steinigung nötig war, um die Situation zu bereinigen.
Die Situation bereinigen wollte ich übrigens heute nacht auch, als ich nochmals 15 Minuten Spaziergang in völliger und ich meine damit wirklich völliger Dunkelheit unternahm, um mein Toilettenpapier zu verbrennen.
Ich Trottel hatte nämlich beim ersten Toilettengang (und hier hat das wirklich mit gehen zu tun, da das hiesige Toilettenhäuschen so stinkt, dass man lieber die nächsten Freiluftmöglichkeiten (Hügel in 10 Minuten Entfernung) aufsucht) das Feuerzeug vergessen. Der Boden war zu hart um ein Loch zu graben und um Feuer auf Indianerart zu machen fehlte mir ebenso die Zeit, wie das Equipment und auch die Kenntnis, so dass ich eben versuchte mir die Richtung zu merken und zurückkam, um alles zu bereinigen. Doch der gemeine Mongoleitourist und dazu gehöre ich nunmal, findet sich in der dunklen Steppe nicht so gut zurecht, so dass ich mich ziemlich verlaufen habe. Zu meiner Rettung muss ich aber feststellen, dass ich erst aufgegeben habe zu suchen, als ich von Augen beobachtet wurde, die von meiner kleinen Taschenlampe angestrahlt sogleich verschwanden. Ob Wolf oder wilder Wüstenhund, das war genug für mein ökologisches Gewissen und ich machte mich unverrichteter Dinge auf den Rückweg. Leichte Bedenken im Hinterkopf, ob eine so weite Wanderung für einen Toilettengang mitten in der Nacht wirklich sinnvoll war, beschleunigte ich meine Schritte in die Richtung, in welcher ich das Lager vermutete und stieß dabei auf einen grusseligen Platz, über dessen Zweck ich nur Vermutungen anstellen kann, welche von satanistischen Messen über Tierfriedhof bis hin zu ordentlich aufbewahrten Küchenabfällen reichen.

So weiter motiviert ging ich noch ein wenig schneller und fand als bald das sprichwörtliche Licht, hier nicht im Tunnel sondern eben in der Steppe, das mich nach Hause führte. Sogleich musste ich mein eben überstandenes Abenteuer erzählen, was dazu führte, dass Julia mich nun wohl wecken wird, wenn sie Nachts mal kurz das Pferd suchen geht. (Mongolische Redewendung für den Toilettengang in der Steppe)
Nun das ist mir auch lieber, da ich euch allen ja versprochen habe unsere Prinzessin wieder gesund zurückzubringen, und gesund heißt, da bin ich ziemlich sicher, nicht von einem Hund/Wolf gefressen zu werden!