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Mexico City – Pompöse Prachtpaläste, potente Polizeipräsenz und politische Pueblos 400

3 Stunden Autofahrt am Morgen, 8 Stunden LA, 7 Stunden Zeit am Flughafen verbracht, nachts um 23:30 Uhr in den Flieger Richtung Südamerika gestiegen, nach 6 Stunden Flug morgens um drei Uhr (Ortszeit 5 Uhr) in Mexico City gelandet –

BEN, STEPHAN und JULIA fix und fertig und todmüde…

Aber: 1. Wann ist man denn schon mal in Mexico City!?! und 2. Wer kann schon auf harten Steinbänken schlafen?!?

Also warten wir nicht mal mehr den Sonnenaufgang ab, sondern setzen uns noch im Dunkeln (obwohl man das ja in Mexiko eigentlich nicht machen soll, also sich bei Dunkelheit draußen rumtreiben) in den Bus Richtung Centro Historico und schaffen es sogar, ohne einzuschlafen dort anzukommen. Der Grund, neben den anregenden Bildern von draußen, von der schlafenden Riesenmetropole: An jeder Touri-Bushaltestelle steht ein bis an die Zähne bewaffneter Polizist, und selbst bei uns im Bus fährt ein Sicherheitsmann mit.

Wir treffen trotz – oder wohl gerade wegen -des extremen Polizeiaufgebotes sicher im historischen Stadtkern an

und gehen erst mal richtig schön mexikanisch frühstücken. Ben und ich haben Glück: Wir bekommen Eier und Nachos in Salsa, Stephan hat etwas Pech, da wir seine Speisenwahl nicht übersetzen konnten, bekommt er Brote mit Bohnenpaste serviert, verschlingt diese aber männlich-tapfer.

A propos übersetzen: Eigentlich sind wir ja ziemlich mutig, uns ohne gefestigte Spanischkenntnisse nach Lateinamerika aufzumachen, wo man bekanntermaßen kein Wort Englisch spricht. Aber schließlich hatte Stephan ja mal irgendwann in der Schule drei Jahre Unterricht in dieser Sprache (auch wenn er damit fast ebenso unangenehme Erinnerungen verknüpft wie ich mit Informatik) und ich habe die Zeit in Fidschi genutzt, um mir zumindest rudimentäre Kenntnisse der wichtigten Floskeln, Fragen, Grundverben und einige hundert Wörter Wortschatz anzueignen. Damit kommen wir – zwar mehr schlecht als recht, aber immerhin – über die Runden, und Ben ist froh, dass er uns dabei hat. Und das Schlimmste, was passieren kann, ist eben, das man etwas zu essen bekommt, was man gar nicht wollte, oder? (Scherz, wir sind uns der Risiken durchaus bewusst, werden aber vorsichtig sein und alle Sicherheitstipps beachten)

Nachdem die Sonne dann richtig aufgegangen ist, machen wir uns auf unsere große Stadttour in die noch ruhige Fußgängerzone,

 

vorbei an zahlreichen pittoresken Häusern mit wunderschönen Fassaden

und an Kirchen, die nicht nur jedem Katholiken den Atem stocken lassen. (Vor allem bei unserem lieben Ben, der vor lauter Ketzertum keine Luft in den geheiligten Hallen bekommt)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bald erreichen wir den Place de la Revolution, der von einer extrem überdimensionalen mexikanischen Flagge im Zentrum geschmückt wird und von allen Seiten von prachtvollen Gebäuden  und der Kathedrale umgeben ist.

Direkt hinter der Kathedrale – und somit in einem extrem reizvollen Kontrast – findet sich der Templo Mayor, der von den Azteken in mehreren Stufen gebaut wurde (in doppelter Hinsicht – als stufenförmige Pyramide und in mehreren Phasen unter mehreren Herrschern) und in den 70ern mitten in Mexiko City zufällig entdeckt wurde.

Dazu kann man auch noch ein Museum besichtigen, in dem zahlreiche Artefakte, die bei den Ausgrabungen gefunden wurden,  ausgestellt sind – von Statuen über Goldschmuck bis hin zu den Schädeln der Menschenopfer, die damals auf den Schreinen im Tempel dargebracht wurden.

Mitterweile am Ende unserer Aufmerksamkeitsspanne und unserer Wachmöglichkeiten angekommen, machen wir uns schlürfend auf den Rückweg zu unserer Bushaltestelle,

die direkt an einem großen Park liegt, um uns dort im Schatten eines Baumes in einer Wiese langzulegen und ein Nickerchen zu halten. Da hüpft uns aber ganz plötzlich der Torre Lationamericana in den Weg,

der einstmals (in den 50ern) eines der höchsten Gebäude der Welt war

und auf den man hochsteigen und den Blick auf Mexico City, angeblich die größte Agglomeration der Welt mit geschätzt 25 Millionen Einwohnern, genießen kann.

Am Rande des Adrenalintaumels fahren wir dann wieder hinunter und wollen noch die letzten Meter bis zu unserem heiß ersehnten Schlafplatz zurücklegen, als plötzlich laute südamerikanische Rhythmen ertönen und sich uns ein erstaunliches Bild bietet:

 

Vor dem Rathaus haben sich hunderte halbnackter Männer versammelt, die mit Plakaten und Transparenten gegen die Korruptionsfälle in Mexico protestieren. Gebannt und fasziniert sehen wir- und die riesige, von Polizisten in Schacht gehaltene Menschenmenge um uns herum,

einige Momente lang zu, wie die Männer zu den heißen Melodien tanzend demonstieren, bis wir sehen, dass auf der Straße, direkt zwischen den beiden Fahrstreifen, eine Reihe barbusiger Mädels stehen, die ebenfalls halbnackt mitdemonstrieren.

Hüften werden geschwungen, Brüste wiegen sich mehr oder weniger sanft hin und her, immer wieder werden Sprüche skandiert – kurz, es ist ein riesiges südamerikanisch-temperamentvolles Spektakel!


Sehr cool, auf diese Art und Weise Aufmerksamkeit für ein politisch brisantes Thema zu erregen, oder? Die Gruppe, die die ganze Aktion organisiert hat, heißt übriges Pueblos de 400, auch wenn sie aus mehr als 400 Menschen zu bestehen scheint.

Nach einer Viertelstunde reissen wir uns dann doch (nein nicht die Kleider vom Leibe, Julia konnte Stephan gerade noch zurückhalten mitzudemonstrieren) sondern von diesem Anblick politischen Nudismus los und gehen uns nach einem kurzen Fotostopp vor dem Palais des Bellas Artes

endlich, endlich auf einer Bank zusammenrollen und bieten so nebenbei den hießigen Anwohnern einen eher seltenen Anblick: Wer hat hier schon mal weiße Gammler im Park betrachten können – was für ein Tag in Mexico City!